Garum – Das „Umami“ der Römer

Den Umami-Gescmack findet sich schon vor 2000 Jahren in der Küche der Römer als Fischsauce, dem Garum.

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Obwohl die Entdeckung des „Umami“ auf das Jahr 1907 und der Beginn der Kodifizierung auf 1920 zurückgehen, begleitet der salzig/aromatische Geschmack die kulinarischen Entscheidungen und Erfindungen des Menschen praktisch seit immer.
Ungeachtet dieser allgemeinen Aussage kann man in der Küchengeschichte Höhepunkte erkennen, in denen dieser Geschmack von großem manchmal sogar von maniakalischem Interesse war, wie z. B. in der Küche der Römer seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. Dies ist der Fall des Garum, „die Sauce“ der römischen Kaiserzeit.
Sie basiert auf fermentiertem Fisch und die legendäre kulinarische Bibel von Apicio „De re coquinaria“ präsentiert sie als unverzichtbare Grundzutat für viele Gerichte. Aber auch Petronius, Autor des Satyricon, in dem der neureiche Sklave Trimalcione in protzigem Überschwang aus kleinen Schläuchen Garum auf einen Triumph von Fischen verschiedenster Art gießen lässt. Mit diesem Gang als letzten einer langen Serie beabsichtigte der spendable Gastgeber seine Gäste zu beeindrucken.

Garum war die geschmackvolle Note dieser Zeit. Es gab verschiedene Argen von Garum: gewürzt, gemischt mit Wein oder Essig oder auch mit Öl. Das beste Garum wurde aus Makrelen hergestellt – aus Blut, Eingeweiden oder ganzen Fischen – aber auf gleiche Weise wurden auch andere Fische verwendet, vielfach Kleinere.
Eine Art des Garums war jenes, das aus Sardellen gewonnen wurde, woraus auch das uns historisch nahegelegenste Derivat besteht, die „Colatura di Alici“. Diese bernsteinfarbene Flüssigkeit ist ein typisches Produkt der Amalfiküste, insbesondere von Cetara, einem kleinen Küstendorf auf halber Strecke zwischen Salerno und Amalfi. Die Colatura entsteht durch den Reifungsprozess der in Salz eingelegten Sardellen.

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Das Verfahren zur Herstellung ist uralt und im Besitz der Fischerfamilien des Küstenortes. Die vor der amalfitanischen Küste gefangenen Sardellen werden von Kopf und Darm befreit und abwechselnd mit Salz in kleine Eichenfässer geschichtet. Zuoberst wir eine Holzscheibe gelegt, die mit Gewichte beschwert wird (normalerweise Steine aus dem Meer). In den sechs bis neuen Monaten der Reifung, produzieren die Sardellen zwischen den unterschiedlichen Schichten eine Flüssigkeit, die ihre Lymphe und ihre besten organoleptischen Eigenschaften enthält. Aus einem Loch im Boden des Behälters wird die Flüssigkeit ausgelassen. Dann in Korbflaschen gegossen und veredelt, um ein klares und bernsteinfarbenes Konzentrat mit einem entschiedenen, würzigen und sehr intensivem Geschmack zu erhalten. Ein außergewöhnliches Gewürz für Gemüse oder für Rezepte, die von Pasta über Fleisch bis hin zu Fisch reichen.

Im Allgemeinen ist die Verwendung von Sardellen in der italienischen Küche eine Konstante bei der Zubereitung von Saucen und Sughi, wie die Bagnacauda aus dem Piemont, dem Dressing für die römischen „Puntarelle“ oder einem Armen-Gericht der neapolitanischen Küche: Spaghetti in Öl mit Sardellen, Oliven und Kapern geschwenkt, manchmal zusätzlich mit Tomatenfilets (siehe Rezept in unserem Buch KOCHEN WIE IN NEAPEL).

Spaghetti mit Salzsardellen, Kapern, Oliven und Confit-Tomatenfilets

Spaghetti mit Salzsardellen, Kapern, Oliven und Confit-Tomatenfilets

Heute ist die Colatura di Alici di Cetara, ein Präsidium Slow Food und DOP Kampaniens, eine der beliebtesten Umami-Zutaten. Sie sollte mit Einfachheit verarbeitet werden, kombiniert mit schlichten Zutaten. Ideal, wenn es in Nudelgerichten verwendet wird, die aus wenigen frischen Zutaten bestehen, welche sie hervorheben und ihren würzigen Geschmack ausgleichen. Hervorragend passt sie auch zu Mangold oder Pachoi, Wurzeln wie rote Rüben oder zu saftigen Grill-Steaks.
Für diejenigen, die mehr über Garum wissen wollen, wie geliebt es von den Römern war und wie es über die Jahrhunderte zu uns gekommen ist, gibt es ein kleines wertvolles Buch – leider noch nicht auf Deutsch übersetzt – das aber ein umfassendes Meisterwerk zu diesem Thema ist.

© Dario & Manuela Santangelo
17. März 2020

BUCH TIPP
Garum
“Si può dire che non ci sia alcun liquido,
all’infuori dei profumi,
che abbia preso a costare di più”
Von Claudia Pandolfi, Licosia Edizioni 2017
68 Seiten, Italienisch, Kindle, Euro 8,99

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